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pte20220623001 Politik/Recht, Kultur/Lifestyle

Toleranzgespräche: Wandel durch neues Islamverständnis

Ahmad Milad Karimi regt Religionsbildung für junge Muslime und stärkeren interreligiösen Dialog an
Islamwissenschafter Ahmad Milad Karimi
Islamwissenschafter Ahmad Milad Karimi
[ Fotos ]

Fresach (pte001/23.06.2022/06:05) - Der deutsch-afghanische Islamforscher Ahmad Milad Karimi hat bei den Europäischen Toleranzgesprächen im Kärntner Bergdorf Fresach ein neues Verständnis für die großen Weltreligionen angeregt und zu einem Neubeginn des interreligiösen Dialogs zwischen Christen, Juden und Muslimen aufgerufen. Dabei nahm er insbesondere seine eigenen Glaubensbrüder in die Pflicht. "Muslime müssen sich zur Revolte erheben und aufhören so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Wir müssen lernen, den anderen nicht nur zu akzeptieren, sondern zu lieben und zu verstehen. Es reicht nicht, nur Brücken zu bauen. Wir müssen selbst die Brücke sein", so Karimi im Gespräch mit der früheren Vatikan- und Rom-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder. Die ganze Podiumsdiskussion ist auf YouTube abrufbar. https://youtube.com/watch?v=xrqKIwulF8M

Es gibt nicht nur den einen Islam

Extremistische Gruppen wie Al-Qaida oder der sogenannte Islamische Staat (IS) hätten viele Jahre der interreligiösen Dialogarbeit zunichte gemacht, beklagte der Religionsphilosoph, der an der Universität Münster Kalām, Islamische Philosophie und Mystik lehrt und sich außerdem als Koran-Übersetzer, Dichter, Verleger und Herausgeber der Kalliope, einer Zeitschrift für Literatur und Kunst, betätigt. Nun gehe es darum, wieder stärker das Gemeinsame zu suchen und nicht über Unterschiede zu streiten, wies Karimi den Weg zum religionspolitischen Perspektivenwandel.

"Wenn Menschen andere Menschen nur aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft verurteilen, Frauen als Menschen zweiter Klasse ansehen und Menschenrechte mit Füßen treten, dann ist das nicht mehr meine Religion", stellte Karimi gleich zu Beginn des Podiumsgesprächs fest. Der Wissenschafter, der aus Afghanistan stammt und inzwischen zu den prägendsten Köpfen der Islamforschung in Deutschland zählt, musste nach der Machtübernahme der Taliban aus seiner Heimat fliehen. Mit deren radikaler Auslegung seines Glaubens kann er nichts anfangen: "Die Aktivitäten solcher Gruppen bringen Muslime auf der ganzen Welt in Erklärungsnot. Wir müssen jetzt endlich mal klar sagen, dass wir Gewalt ablehnen."

Dabei sollte doch jeder mittlerweile verstanden haben, dass es den einen Islam nicht gibt und, dass diese Religion eigentlich für ganz andere (höhere) Werte eintritt. "Es gibt so viele Islamverständnisse wie Muslime auf dieser Welt. In meinem Glauben geht es aber nicht um Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht, sondern um eine innere Haltung, um Ethik, Güte und Gerechtigkeit, eine Verpflichtung zu Frieden und den Dienst an der Menschheit", fasste Karimi sein Islamverständnis zusammen.

Dem Terror viel zu lange zugeschaut

Dass Terrorgruppen wie Al-Qaida oder der IS das Image der zweitgrößten Weltreligion in der jüngeren Vergangenheit so schwer beschädigen konnten, liege zum Teil auch an den Muslimen selbst. "Wir müssen für unsere Religion und unseren Gott Verantwortung übernehmen und ein für allemal klarstellen, dass die Thesen und Aktionen, für die diese Gruppen stehen, nicht der Islam sind", erklärte der Religionsexperte. Die muslimische Welt habe deren Treiben viel zu lange schweigend zugeschaut.

Durch die sexistische Diskriminierung von Frauen und andauernden Verstöße gegen Menschenrechte hätten Taliban und Co eindeutig Grenzen überschritten. Das sei nicht mehr hinnehmbar. "Wir müssen aus unserem Schlummerschlaf erwachen. Es tut mir weh zuzusehen, wie Muslime es sich in der Opfer- und Ignoranzrolle bequem gemacht haben und alles geschehen lassen, so als wäre es ein Schicksalsschlag. Treten wir doch aus dem bequemen Lager heraus und formulieren transparente Kriterien, um aufzuzeigen, wenn irgendwo Grenzen überschritten werden", forderte Karimi.

Koran-Deutung ist Interpretationssache

Natürlich würden das Extremisten anders sehen. Sie behaupten nämlich stets, den Koran sehr genau zu kennen und zu wissen, was Gott von ihnen will und weshalb sie auf der Welt sind. "Das Problem ist nur, dass man die Bilder, die im Koran entstehen, nicht wörtlich nehmen darf. Letztendlich bleibt deren Deutung immer auch Interpretationssache", meinte der Islamforscher. Und um den gläubigen Muslimen ein besseres Verständnis des Gelesenen zu ermöglichen, brauche es ein gewisses historisches und philosophisches Vorwissen.

Religiöse Bildung fördern

Genau deshalb müsse man die religiöse Ausbildung und Kultivierung junger Muslime besser fördern. Denn gerade diese Personengruppe sei es, die man vor der meist viel zu einseitigen und vereinfachten Koranauslegung der Terroristen, mit der sie ihre Gewalt gegenüber "den Ungläubigen" rechtfertigen, beschützen müsse. "Es gibt kaum Literatur für junge Muslime. Ich finde das unglaublich notwendig und wichtig", ergänzte Karimi, der sogar einen eigenen Kinder- und Jugendbuchverlag gegründet hat, um Menschen mit Migrationshintergrund eine adäquate Literatur anbieten und ein tolerantes Bild vom Islam vermitteln zu können.

Das ganze Podiumsgespräch mit Ahmad Milad Karimi auf YouTube: http://youtube.com/watch?v=xrqKIwulF8M

Fotos zum "Europaforum Fresach: Ein Gott für alle?" der Toleranzgespräche 2022 frei zum Download: http://fotodienst.pressetext.com/album/3784?end=9

(Ende)

Aussender: pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Markus Steiner
Tel.: +43-1-81140-314
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Website: www.pressetext.com
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